BARF vs. Prey Modell

BARF vs. Prey Modell

BARF oder Prey?

Als Hundeliebhaber ist man sich einig: Eine gesunde Ernährung ist die Basis für ein gutes Leben unseres vierbeinigen Freundes. Gerade deshalb wird oft hitzig diskutiert, welches Fütterungskonzept das Beste ist: BARF oder Prey?

Das wollen wir uns genauer anschauen. Vorweg sei aber gesagt: Beide Verfechter der jeweiligen Gruppen wollen das Beste für ihren vierbeinigen Freund. Sowohl das eine, als auch das andere Konzept ist artgerecht, denn sie orientieren sich grundsätzlich an der ursprünglichen Ernährungsweise der Wölfe und unterscheiden sich nur um Nuancen. Aber von vorne. 

 

Das Prey-Model

Prey bedeutet “Beute” oder “Beutetier” und wird im deutschen Sprachraum oft als “Beutetierprinzip” bezeichnet. Wie der Name vermuten lässt wird beim Prey-Model gemäß den Bestandteilen des kompletten potentiellen Beutetierts gefüttert. Genau wie beim Barfen. Man orientiert sich also daran, was die Vorfahren unserer vierbeinigen Freunde, die Wölfe, vor hunderten von Jahren bei Ihrer Jagd gefressen haben: Das komplette Beutetier. Schon hier erkennt man: Dieses Futterkonzept ist möglichst nah an die natürliche Lebensweise angelehnt. 

Die einzelnen Komponenten des Futters ähneln den allgemein geläufigen Mengen beim Barfen und setzen sich wie folgt zusammen: 

  • 75‒90 % Muskelfleisch mit Pansen & Blättermagen (grün). Der Fettanteil sollte in aller Regel zwischen 5 und 25 % Fett betragen, abhängig von der Aktivität des Vierbeiners

  • 10-20 % Innereien. Davon ca. 50 % Leber und jeweils anteilig Herz, Lunge, Niere & Milz

  • 5-10 % Knochen. Diese sollten fleischig und nicht zu klein (Splittergefahr) aber auch nicht zu groß sein. 

Je nach Anwendung und Möglichkeiten der Umsetzung des Prey-Modell können sogar Fell, Blut, Beeren und Kräuter in geringeren Mengen in der Fütterung ihren Platz finden. Diese waren auch in der Wildnis für die Wölfe zugänglich. Auf Obst & Gemüse wird aber verzichtet. Weitere “grüne” Ballaststoffe bzw. Pflanzenmaterial sowie Vitamine finden sich indirekt über den “grünen” Pansen und Blättermagen in der Nahrung.

 

BARF & Barfen

BARF ist eine Abkürzung und steht für Biologisch Artgerechtes Rohes Futter. Hierbei steht vor allem die artgerechte Fütterung im Vordergrund. Da unsere vierbeinigen Freunde biologisch zu der Familie der Wölfe gehören orientiert sich das Barfen an der Ernährungsweise der Wölfe. Das bedeutet, dass man auch beim Barfen grundsätzlich nach dem Beutetierprinzip füttert. Somit erinnern die die empfohlenen Futtermengen stark an jene des Prey-Models:

  • 40-50 % durchwachsenes Muskelfleisch mit 10-25 % Fettanteil

  • 10-20 % Pansen & Blättermagen  

  • 15-20 % Innereien, davon 30-40 % Leber. Rest: Herz, Lunge, Niere, Milz 

  • 10-15 % fleischige Knochen, etwa 50 % Fleisch, 50 % Knochen  

  • 15-20 % pflanzlich. Ca. 75 % püriertes Gemüse, ca. 25 % püriertes Obst

Da aufgrund der industriellen Haltung und vor allem Fütterung von Nutztieren ein unausgewogenes Verhältnis von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren (Hier nachlesen) im Futter besteht, kann das Beutetier oftmals nicht exakt nachgestellt werden. Die Mahlzeiten werden deshalb mit Ergänzungen von Omega-3-haltigen Ölen wie Lachsöl aber auch Eiern (aus Freilandhaltung mit Zugang zu Gräsern und Kräutern) ergänzt. Dadurch werden die im Futter fehlenden Omega-3-Fettsäuren ergänzend zugeführt. 

 

Vergleich BARF & PREY

Auf den ersten Blick scheint es viele Gemeinsamkeiten, aber auch recht große Unterschiede zu geben. Schließlich fallen die 20 % pflanzlicher Futteranteil beim Barfen vermeintlich schwer ins Gewicht. Da diese im Vergleich zu den anderen Futtermitteln aber recht nährwert- und nährstoffarm sind, bleiben die absoluten Mengen von Fleisch, Innereien und Knochen fast gleich. Es handelt sich, abhängig von der Größe des Hundes um Unterschiede im zweistelligen Gramm-Bereich. Diese spielen im Alltag und für die Gesundheit unseres vierbeinigen Freundes, wenn überhaupt eine zu vernachlässigende Rolle, solange die Futterqualität im Vordergrund steht.  

Denn worin sich wohl alle einig sind: Ob Barfer oder Preyer, jeder möchte seinen Hund bestmöglich und vor allem gesund ernähren. Dabei ist klar: Nicht die feinen Unterschiede zwischen BARF- und Prey-Konzept schaden unseren Freunden, sondern schlechte Qualität und die falsche Auswahl von Futter. Hierzu zählt grundsätzlich weder der eine noch der andere Ansatz; und daran ändert auch die Frage ob Obst & Gemüse zusätzlich gefüttert werden soll nichts, handelt es sich letztendlich doch nur um ein Detail und keine Grundsatzfrage. Statt sich also zu sehr auf die recht kleinen Unterschiede zu fokussieren, wollen wir nun auf die deutlich wichtigeren Gemeinsamkeiten der beiden Konzepte eingehen. 

 

Muskelfleisch & Pansen/Blättermagen

Da abhängig von der Anwendungsweise des Prey Model Muskelfleisch und Pansen/Blättermagen in dieselbe Kategorie fallen, werden die beiden Komponenten hier vereinigt. Der Pansen/Blättermagen wird hier entweder zur Gesamtmenge des Muskelfleisches gezählt oder schlichtweg weggelassen.

Das liegt darin begründet, dass die beiden Nahrungsbestandteile an sich nur kleine Besonderheiten gegenüber dem jeweils anderen aufweisen: Während Muskelfleisch ein abgerundeteres Aminosäureprofil aufweist und über einen höheren Fettanteil verfügt, glänzt der Pansen/Blättermagen durch einen höheren Calcium-Anteil. Beides wird aber im Rahmen einer ausgeglichenen Ernährung wieder egalisiert. 

Somit ist es nicht weiter verwerflich, dass auch einige Preyer den Pansen/Blättermagen als Nahrungsbestandteil, meist aus praktischen Gründen ablehnen. Auch die Natur unterstreicht dieses Argument: Je nach Herkunft der Wölfe enthält deren ursprüngliche Nahrung tatsächlich keinen Pansen/Blättermagen. Allen voran die ursprünglichen, wildlebenden kanadischen Wölfe, die sich ausschließlich von Lachsen ernähren. In den europäischen und anderen nordamerikanischen Gefilden waren und sind teilweise aber auch heute noch Wölfe zu beobachten, bei denen Pansen/Blättermagen mit zur Nahrung gehören, da das gesamte Beutetier verspeist wird. Dass diese nun aber artgerechter leben als die kanadischen Brüder wäre wohl weit hergeholt.    

Falls man sich für die gelegentliche Zufütterung von Pansen/Blättermagen entscheidet, gilt es also unabhängig vom Futterkonzept, die Futterqualität zu beachten. Vor allem bei der Fütterung von “grünem Pansen”, also einem ungeputzten Pansen mitsamt Futterresten. Während die Reste im Pansen/Blättermagen von artgerecht gehaltenen Tieren Gräser & Kräuter enthalten, welche die Gesundheit des Hundes fördern können, kann das Gegenteil der Fall sein bei industriell gehaltenen Tieren und allgemein bei Tieren, die zum Großteil mit Kraftfutter wie Soja und Weizen gefüttert wurden. Diese haben keine probiotische und anregende Wirkung auf den Darm sondern können sogar zu Verdauungsproblemen führen. 

Alles in allem kommt es auch hier auf die Qualität des Futters an; und selbst wenn sich dein Vierbeiner beim fressen dafür entscheidet “das Grüne” im Pansen bei Seite zu lassen - einfach weil es ihm nicht schmeckt - ist das nicht weiter schlimm und entscheidet nicht über Gesundheit oder Krankheit deines Freundes. Genausowenig wie das grundsätzliche Füttern des Pansen/Blättermagen an sich.

 

Innereien

Beide Konzepte berücksichtigen auch die Fütterung von Innereien. Diese sind unumstritten ein wichtiger Bestandteil einer artgerechten Ernährung. Dabei besonders hervorzuheben ist die Leber, die aufgrund ihres nährstoffreichtums von beiden Fütterungskonzepten eine elementare Rolle spielt und auch beim Beutetier mit ca. 3-5 % den mit Abstand größten Teil ausmacht.

Andere Innereien hingegen können aufgrund der Ähnlichkeit der enthaltenen Nährstoffe relativ gut mit Muskelfleisch substituiert werden. Doch schauen wir uns die Unterschiede in einer einfachen Rechnung genauer an: 

Beim Barfen werden je nach Anwendung etwa 50 % mehr Innereien gefüttert. Von der Gesamtmenge werden etwa ein Drittel Leber empfohlen. Geht mal also von einem Hund von gut 40 kg aus, sind das beim Barfen etwa 100 g Innereien pro Tag. Davon würden etwa 34 g auf Lebern entfallen. Bei der Anwendung des Prey-Modell wären es etwa 67 g Innereien. Davon würden ebenfalls etwa 34 g auf die Leber entfallen, da hier in etwa die Hälfte der Innereien aus Lebern bestehen sollte. 

Dabei ist zu beachten, dass beim Prey-Modell der etwas geringere Anteil von Innereien durch den höheren Muskelfleischanteil nochmals stärker ausgeglichen wird. Über den Unterschied der Gesamtmenge der Innereien lohnt es sich also nicht zu streiten, zumal die Unterschiede der Mengen der gefütterten Leber verschwindend gering sind. 

Vertiefend, für alle die es noch genauer wissen wollen: 

Vor allem Lungen und Herzen lassen sich recht gut durch Muskelfleisch substituieren. Sie ähneln sich in Ihrer ernährungsphysiologischen Zusammensetzung. Dein Vierbeiner freut sich aber vielleicht trotzdem über ein wenig Abwechslung. 

Milz, Niere und vor allem Leber glänzen allerdings durch einen besonders hohen Anteil von Vitamin A, B1-B12, D sowie Eisen, Kalium, Kupfer, Jod und Selen. Zudem hat die Leber im Gegensatz zum Pansen und der Lunge auch eine hervorragendes Aminosäureprofil und wenig Bindegewebe. Außerdem kann die Leber dabei helfen den fehlenden Anteil von Blut durch Ihre ernährungsphysiologischen Eigenschaften auszugleichen. 

 

Knochen

Vorweg ein wenig Hintergrundwissen: Je nach Beutetier macht der Knochen etwa 8-10 % des Lebendgewichts des Beutetieres aus. Dies wird bei beiden Futterkonzepten beachtet. in absoluten Mengen werden die Knochen sogar relativ gleich gewichtet. Lediglich die Herangehensweise unterscheidet sich: Während beim Barfen von RFK (rohe, fleischige Knochen mit etwa 50% Knochen und 50% Fleisch) ausgegangen wird, wird beim Prey-Model direkt mit den reinen, blanken Knochen gerechnet. Das heißt, die Hälfte der Menge des RFK sollte dem Fleisch zugerechnet werden, wodurch der Unterschied zwischen den Modellen noch geringer wird.

Je nach Anwendung und Gewicht des Hundes kann es Unterschiede im ein- bis sehr niedrigen zweistelligen Grammbereich geben. Das ist aber absolut kein Grund zur Sorge oder Diskussion: Auch der niedrigere Anteil Knochen versorgt deinen vierbeinigen Begleiter mit genügend Calcium. Der Unterschied von wenigen Prozent ist definitiv zu vernachlässigen und kommt je nach Beutetier auch in der Natur so vor. Zumal zu beachten ist, dass die prozentualen Zahlen weiter verzerrt werden durch das Obst & Gemüse, welches beim Barfen ebenfalls gefüttert werden. Zieht man diesen Aspekt in Betracht wird klar, dass sich die absoluten Gramm-Zahlen kaum unterscheiden. 

 

Gemüse & Obst

Was beim Menschen wohl ohne Zweifel zu einer ausgewogenen Ernährung gehört führt beim Thema Ernährung unserer vierbeinigen Freunde immer wieder zu Diskussionen. Aber schauen wir uns nochmal die Ernährungsweise der Vorfahren unserer Fellnasen ein wenig genauer an: 

Intuitiv fressen Wölfe bei großen Beutetieren in aller Regel zuerst die Innereien. Danach widmen sie sich den großen Muskelstücken. Auch der Magen/Pansen ist nicht uninteressant. Allerdings wird deren Inhalt je nach Nahrungslage oftmals ausgeschüttelt. Dementsprechend bleibt der Inhalt sowie zuweilen auch Knochen und Fell bei gut gesättigten Wölfen auch schon mal liegen. Vor allem der vorverdaute Darminhalt wird für gewöhnlich verschmäht.  

Nichtsdestotrotz kann im Kot von Wölfen immer wieder recht viel Pflanzenmaterial nachgewiesen werden. Hier wurden in manchen Untersuchungen fast 6 % Pflanzenmaterial nachgewiesen, wobei zu beachten ist, dass deutlich mehr Pflanzen durch die Nahrung aufgenommen werden mussten um diesen Wert im Kot nachweisen zu können. Man geht davon aus, dass Wölfe dieses oft schwer verdauliche Material instinktiv aufnehmen um den Darm funktionsfähig zu halten, damit dieser beispielsweise von Parasiten und Haaren befreit wird. Somit fungiert das Pflanzenmaterial auch als Ballaststoff welcher, um es auf den Punkt zu bringen, den Verdauungstrakt entsprechend fordert und für eine gute Darmflora sorgt. Auch die sekundären Pflanzenstoffe wirken sich auf die Gesundheit der Wölfe und somit vermutlich auch auf die Gesundheit des Hundes aus. 

Das alles spricht auf den ersten Blick für eine Fütterung mit Obst & Gemüse. Das ist vor allem dann richtig, wenn kein Pansen und auch keine kompletten Beutetiere verfüttert werden. 

Moment, was heißt “komplette Beutetiere”? Komplette Beutetiere wäre beim Beispiel Wolf tatsächlich ein ganzes Tier, welches der Wolf erlegt und komplett frisst. Bei der Größe eines Feldhasen zum Beispiel kann der Wolf nicht zwischen Mageninhalt, Magen, Innereien, Darm und Muskelfleisch unterscheiden und diese selektieren. Somit liefert das Beutetier das Planzenmaterial beim Fressen direkt mit - inklusive Fell und Darminhalt. Wenn dies beachtet wird, können sich Preyer die Zufütterung von Obst  & Gemüse tatsächlich weitestgehend sparen. Wer dem nicht folgen kann sollte tatsächlich anderweitig für die Zufütterung von Pflanzenmaterial sorgen, da ansonsten ein wichtiger Bestandteil des Beutetiermodells vernachlässigt und somit weder das Prey-Model noch das Barfen richtig umgesetzt werden würde.  

 

Zusätze

Um das wichtigste Vorweg zunehmen: Wenn ein Hund artgerecht ernährt wird und keine besonderen Umstände wie Krankheiten oder Mängel vorliegen, bedarf es grundsätzlich keiner Zusätze. Doch diese beiden Vorrausetzungen zu erfüllen ist im Hundehalter-Alltag nicht immer ganz einfach. Wenn sich ein Vierbeiner zum Beispiel nicht an die Sonne begeben kann wie er gerade Lust hat , könnte es sein, dass Vitamin D verabreicht werden muss. 

Aber noch viel häufiger muss nachgeholfen werden, weil die Qualität des Futters nicht gut ist. Leider wird noch immer viel zu oft auf Fleisch oder Fleischabfälle aus der Massentierhaltung zurückgegriffen. In aller Regel weil der Zugang dazu einfacher und vor allem günstiger ist. Günstiger ist es aber nur kurzfristig - zumindest wenn die Gesundheit des Vierbeiners Priorität hat. Das Fleisch aus der Massentierhaltung hat neben anderen gesundheitlichen und ethischen Nachteilen vor allem eine problematische Eigenschaft: Die Fettzusammensetzung ist unnatürlich und schlecht ausbalanciert. Dadurch können Krankheiten und vor allem Entzündungen entstehen; und dabei haben wir noch nicht die Rückstände von Medikamenten und Hormonen thematisiert, die sich vor allem im Fett der “Nutztiere” ablagern. 

Alles in allem kommt es also auf die Umstände an. Wird aber die artgerechte Haltung des Beutetiers und somit die Qualität des Futter berücksichtigt kann ein Hund grundsätzlich alle Nährstoffe durch das Beutetier aufnehmen. Eine übermäßige Supplementierung frei nach dem Motto “viel hilft viel”, wie man sie immer wieder sieht, ist aber nicht nötig. Als Faustregel gilt: Je besser man das Beutetiermodell anwenden kann, desto eher kann man auf Zusätze verzichten. 

Fazit

Um es auf den Punkt zu bringen: Beide Konzepte sind super für unsere vierbeinigen Freunde. Sowohl Prey als auf BARF sind artgerecht. Die Unterschiede der wichtigsten Komponenten in der Fütterung liegen meist im einstelligen Grammbereich und beide Modelle basieren auf dem Beutetierprinzip. 

Beim Prey-Modell wird dieses noch etwas intensiver & näher an den Vorfahren des Hundes, den Wölfen, umgesetzt und ist somit hervorragend; immer vorausgesetzt dass auf die Futterqualität wert gelegt wird. Beim Barfen wird das Beutetierprinzip bestmöglich an den Hundealltag und die gegebenen Umstände angepasst, sodass alle notwendigen Nährstoffe bedarfsgerechet gefüttert werden. Auch hieran gibt es nichts auszusetzen.